Shenpen4Paris

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Die Tage werden kürzer, die Nächte länger und vor allem kälter. Dies zu spüren bekommen die zurzeit ca. 400 tibetischen Asylsuchenden, die in Paris in Achères-Ville in einem ‘Zeltlager’ unter sehr prekären Bedingungen leben müssen. Ausser einer Wasserleitung fehlt es gänzlich an Strom und Sanitäreinrichtungen. Zurückzuführen sind die unwürdigen Verhältnisse auf die fehlenden Asylstrukturen in Frankreich. Lange Wartezeiten im Asylprozess und die Tatsache, dass auch nach einem positiven Asylentscheid oftmals keine Unterkunft bereitgestellt wird, führen dazu, dass tausende Flüchtlinge in Paris in sogenannten Zeltstädten unterkommen oder gar auf der Strasse übernachten müssen.

Inspiriert durch die Kleidersammlung einer anderen Organisation entstand Ende September spontan die Idee, warme Kleider und Decken für die Menschen in diesem Camp zu sammeln. Innert kürzester Zeit hatte Shenpen einen Flyer gestaltet, welcher auf den sozialen Kanälen geteilt sowie den tibetischen Organisationen zur Weiterleitung zugestellt wurde.

Nur einen Monat später fand auch schon die Hauptsammlung im VTJE Büro in der Binz statt. Daneben wurde lokal an verschieden Orten fleissig Kleider gesammelt, so dass uns Sach- und Geldspenden aus der ganzen Deutschschweiz erreicht hatten. Wir waren überwältigt und konnten unser Glück kaum fassen, dass so viele Menschen sich solidarisch zeigten. Auch beim Sortieren der Ware durften wir auf die tatkräftige Unterstützung von vielen Helferinnen und Helfern zählen. Um die über 200 Säcke nach Paris zu transportieren, mussten wir schliesslich neben dem bereits organisierten Fahrzeug, welches uns die Brauerei Rosengarten AG in Einsiedeln gratis zur Verfügung gestellt hatte, einen weiteren Lieferwagen organisieren. Auch hier durften wir auf die Grosszügigkeit eines Bekannten zählen. An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an diese beiden ‘Sponsoren’.

Am Freitag 1. November machten sich fünf Shenpen-Mitglieder mit zwei Lieferwagen auf den Weg Richtung Paris. Am nächsten Morgen trafen wir uns bereits um 11.00 Uhr mit den Organisatorinnen aus Paris sowie den Gruppenleiterinnen und Gruppenleitern zur Besprechung (die 400 Personen haben sich aus organisatorischen Gründen in Gruppen und Untergruppen aufgeteilt). Es war uns von Anfang an wichtig, dass die Leute vom Camp die Verteilung vor Ort mitbestimmen können. Die Koordination nahm einige Zeit in Anspruch, aber so konnte sichergestellt werden, dass die Verteilung fair von statten ging.

Zuerst wurden Decken und Schlafsäcke an diejenigen Personen verteilt, die diese am dringendsten benötigten. Danach fand eine Verteilung von Kleidern und Schuhen für die beinahe ein Dutzend Kinder, die im Camp leben, statt. Dies war ein sehr schöner Moment, welchem alle Shenpen-Teammitglieder beigewohnt und ─ wenn man denn so sagen kann ─ genossen haben. Da der Himmel aber immer dunkler wurde, mussten wir vorwärts machen. Schliesslich warteten 29 Gruppen und ca. 400 Personen auf die Kleiderverteilung. Nachdem die Ware aufbereitet war, konnten die Tibeterinnen und Tibeter gruppenweise vorbeikommen (die Reihenfolge wurde ausgelost). Damit es für alle reicht, wurde entschieden, dass jede Person jeweils nur eine Jacke, ein Paar Schuhe, eine Hose etc. nehmen durfte. Nachdem alle Gruppen zum Zug gekommen waren, konnten alle nochmals etwas holen. Was am Schluss übrig war, wurde einer lokal aktiven Person weitergegeben, welche die Ware in ein anderes Flüchtlingscamp in Paris brachte. Sehr gefreut haben sich die Menschen ausserdem auch über die scharfe Chili-Sauce, welche von «Tenz» gesponsert wurde, und bestimmt für das leibliche Wohl sorgen wird.

Am Sonntag wollten wir noch die verbleibende Zeit im Camp verbringen und halfen u.a. beim Bau einer Küche. So hatte ein Camp-Bewohner die Idee jeden Abend für die Asylsuchenden zu kochen, da nicht alle Geld vom Staat bekommen oder die Möglichkeit haben sich woanders zu verpflegen. Sein Ziel ist es ein nachhaltiges Programm zu implementieren, welches den Menschen im Camp erlaubt für sehr wenig Geld ein warmes Abendessen zu bekommen. Mit den Einnahmen sollen dann Lebensmittel für die nächste Mahlzeit eingekauft werden.

Für die meisten von uns war es das erste Mal in einem solchen Flüchtlingscamp und unvorstellbar wie man unter diesen schwierigen Bedingungen leben kann. Besonders beeindruckend war es deshalb auch zu sehen, wie sich die Personen im Camp organisieren und trotz des Windes, Regens und der Kälte das Gute sehen und die Hoffnung bewahren. Für uns alle war es deswegen auch eine sehr bereichernde Erfahrung und wir sind dankbar für die inspirierenden Begegnungen und dass wir mit dieser Sammelaktion einen kleinen Beitrag leisten durften. Uns ist jedoch auch bewusst, dass es damit nicht getan ist, weshalb wir weitere Aktionen nicht ausschliessen.

Es ist erstaunlich wie wenig es braucht und was man alles erreichen kann, wenn sich eine Gruppe von Leuten zusammentut, die etwas bewegen will. Ein ganz herzliches Dankeschön an alle, die diese Aktion möglich gemacht und uns unterstützt haben!

Ein Bericht von Lilian Clark und Palmo Brunner